Gewerbemieten und Mietzinserlass-Forderungen aufgrund des Coronavirus:
Es braucht rasch partnerschaftliche Lösungen
Die vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus treffen die Schweizer Wirtschaft und insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hart. Ein Grossteil der Ladengeschäfte sowie Restaurants, Bars und Nachtclubs, Coiffeur- und Kosmetiksalons und viele weitere Gewerbebetriebe sind seit dem 13. März gemäss der Verordnung des Bundesrates (COVID-19-Verordnung 2) bis mindestens am 19. April 2020 «für das Publikum geschlossen». Der Bundesrat erörtert Szenarien, wie Wirtschaft und Bevölkerung schrittweise aus dem Ausnahmezustand geführt werden können; es sind jedoch diese Woche keine Entscheide zu erwarten.
Die Frage, wie Unternehmerinnen und Unternehmer als Vermieter und als Mieter die Krise meistern können, ist in den letzten Tagen zur Kontroverse geworden. Diese Frage beschäftigt nicht nur die betroffenen Mieterinnen und Mieter, sondern als Vermieter auch die Immobilieninvestoren und Immobilienfirmen. Nahezu alle betroffenen Mieter erwarten, dass zumindest Stundungen gewährt werden, die Forderungen nach Mietzinsreduktion oder -erlass nehmen jedoch zu.
Der VIS betont:Es liegt im Interesse von Eigentümern und Vermietern, dass Mietverhältnisse nicht aufgrund von Zahlungsengpässen oder gar Konkursen seitens ihrer Mieter aufgelöst werden müssen.
Inwiefern das wegen des Coronavirus verhängte Betriebsverbot als Mangel im Sinne des Mietrechts (Art. 259a ff. OR) zu qualifizieren ist, bleibt juristisch umstritten. Für beide Sichtweisen liegen Rechtsgutachten vor; gerichtlich wird die strittige Rechtsfrage jedoch noch lange nicht entschieden sein. (Wir verweisen diesbezüglich auf unsere Position vom 20. März 2020 «Folgen von Betriebsschliessungen für Gewerbemieten aufgrund des Coronavirus – Zur Frage des mietrechtlichen Mangels»).
Als Eigentümer und Vermieter: Jetzt proaktiv handeln
Die Krisen-Situation, welche sich noch über Wochen hinziehen wird und deren Folgen sich in den nächsten Monaten erst deutlich abzeichnen werden, wird von allen Seiten mit Sorge verfolgt. Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) bemüht sich aktuell gemeinsam mit einer grossen Task Force, die Vermieter und Mieter, Branchenverbände, Kantone und Städte vereint, eine Empfehlung zuhanden des Bundesrates zu formulieren. Bisher zeichnet sich in dieser komplexen Frage indes kein Konsens und damit auch kein praktikabler Kompromiss ab. Gleichzeitig klagen betroffene Mieter und Unternehmer immer stärker, Eigentümer und Vermieter würden es bei Lippenbekenntnissen belassen: Bei vielen Mietverhältnissen gebe es keine Bewegung und kein Entgegenkommen. Eigentümer und Vermieter sind deshalb gefordert, das Gegenteil zu beweisen.
Der VIS betont: Wir empfehlen Ihnen dringend, eingegangene Gesuche um Mietzinsreduktion oder -erlass umgehend zu behandeln und im Gespräch nach einer der Situation angemessenen und für beide Seiten vertretbaren Lösung zu suchen. Im Einzelfall kann auch ein aktives Zugehen auf die Mieter angezeigt sein.
Diese Empfehlung machen wir Ihnen auch mit Blick auf die erwähnten laufenden Gespräche darüber, ob der Bundesrat mittels Notverordnung und damit mit staatlichen Mitteln und Massnahmen eingreifen soll. Es ist derzeit nicht auszuschliessen, dass der Bundesrat auch für die Frage der strittigen Mietzinsreduktionen und -erlasse verbindliche Weisungen erlässt, allenfalls in Kombination mit dem Einsatz staatlicher Mittel (Steuergelder).
Wenn Vermieter und Mieter in den betroffenen Fällen partnerschaftliche Lösungen anstreben und individuelle Abmachungen treffen, erübrigt sich ein Eingreifen des Bundesrates.Wir empfehlen, in Härtefällen kulante Lösungen zu prüfen.